Mit seiner Entscheidung vom 08. Februar 2017 präzisiert der Bundesgerichtshof (BGH) die  Anforderungen für bindende Patientenverfügungen. Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Eine Frau erlitt 2008 einen Schlaganfall und fiel ins Wachkoma. Seither wird sie künstlich über eine Magensonde ernährt. Mit einem Formular hatte die Frau im Jahr 1998 eine Patientenverfügung errichtet. Ihr Sohn und ihr Ehemann wurden später zu Betreuern bestellt. Während der Sohn im Einklang mit dem behandelnden Arzt der Ansicht ist, die künstliche Ernährung sei entsprechend der Patientenverfügung einzustellen, lehnt der Ehemann dies ab. „Für solche Schicksalsschläge werden Patientenverfügungen typischerweise errichtet“, erklärt Manuel Kahlisch, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen, aus der notariellen Praxis. „Die meisten Betroffenen lehnen in aussichtslosen Fällen eine intensivmedizinische Versorgung ab. Das Problem ist jedoch gerade hier die juristisch rechtssichere Formulierung.“

Mit einer aufsehenerregenden Entscheidung im Jahr 2016 hatte der BGH (Az. XII ZB 61/16) bei der Bevölkerung und Fachleuten die Befürchtung geschürt, dass viele Patientenverfügungen wegen mangelnder Bestimmtheit Makulatur seien. „Insofern ist die neue Entscheidung im Grundsatz zu begrüßen“, meint Kahlisch, „da der BGH die rechtlichen Anforderungen an eine bindende  Patientenverfügung präzisiert.“ Unmittelbare Bindungswirkung entfaltet eine Patientenverfügung danach nur, wenn sie bestimmt, ob und in welcher konkreten Behandlungssituation bestimmte ärztliche Maßnahmen durchgeführt bzw. unterbleiben sollen. Zugleich betont die neue Entscheidung des BGH, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung nicht überspannt werden dürfen. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient und den medizinischen Fortschritt vorausahnt. Allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein „würdevolles Sterben“ oder „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zuzulassen, genügen allein jedoch nicht.

„Die neue Entscheidung des BGH erinnert daran,“ resümiert Kahlisch, „dass jede Erklärung im Einzelfall ausgelegt werden kann und muss. Je präziser die Formulierungen, umso eher kann jeder sicherstellen, dass sein Wille auch in Lebenslagen respektiert wird, die keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bieten.“